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Seite 2 - Neues Projekt

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Seite 2

Vorgeschichte
Bevor die Drogenabhängigkeit in die zweite Runde ging, gab es in der ersten Runde schon eine amtsärztliche Untersuchung in Vegesack (Nachbarort von Lemwerder). Dieses Gutachten besagte eine „Drogen bedingte Bewusstseinsstörung“, welche sich durch den Genuss von Haschisch, LSD und Marihuana (auch Gras genannt) ergab. Der Amtsarzt verlangte eine Einweisung in die Psychiatrie für Suchtgefährdete in Bremen. Ein sehr schönes, großes, abgeschirmtes Gelände mit Fachwerkhäusern, Wiesen und großen Parkbäumen; ja ein gar sehr idyllischer und beruhigender Ort mit allen Voraussetzungen, die seelisch Kranke brauchten. Hier wurde unter anderem auch in meiner Kindheit nach möglichen Ursachen gesucht. Ich will nicht sagen, dass ich eine schlechte Kindheit hatte. Denn mein Erinnerungsvermögen gab nur einige Bruchstücke frei das Meiste waren Spielerinnerungen. Komischerweise waren da keine Mutter- Kind Beziehungen drunter. So viel ich mich auch anstrengte, alles war wie ausgelöscht.

Das kann folgenden Grund gehabt haben:
Schon in frühster Kindheit, die ich mit meinen Geschwistern, einem Bruder und einer Schwester teilte, gab es keine bindende Beziehungen. Ich war der Jüngste, dann kam meine Schwester und als Ältester, mein Bruder. Eigentlich war jeder sich selbst überlassen. Nicht, dass daraus die Schlussfolgerung zu ziehen wäre, dass meine Eltern an allem Schuldwaren. Meine Mutter war herzkrank und konnte wohl nicht mehr genug Kraft aufbringen, sich ins Familienleben genügend einzubringen.

Mein Vater war auf den Flugtechnischen Werken in unserem Heimatort Lemwerder als Bauschlosser tätig, seine verfügbare Zeit war auch begrenzt. Nein! Eine Schuldfrage gibt es hier für mich eigentlich nicht zu regeln. Jeder konnte, wenn er wollte, ab einem bestimmten Alter, sich von selbst in der Familie einbringen. Aber niemand von uns hatte dieses Interesse. Eher war da eine Zerrissenheit und eine auseinander treibende Kraft, die leider noch heute unterschiedlich in meinen Geschwistern wirksam ist.

In der Schule war ich ebenfalls nicht gut. Die erste und vierte Klasse musste ich gleich zweimal machen. Ich konnte einfach nicht gut lernen. Außerdem war ich sehr verspielt. Nach der Schule verbrachte ich den ganzen restlichen Tag mitspielen. Schularbeiten mussten irgendwie dazwischen erledigt werden. Jeder neue Schultag war mit Angst erfüllt. Auf der einen Seite musste ich mich mit meinem "Nicht können" auseinander setzen, auf der anderen Seite, dass dies vor den Lehrern und Mitschülern möglichst verborgen blieb. Ich konnte wirklich manche Sachen einfach nicht verstehen. Schreiben war das größte Problem.

Mein ganzes Verhalten in der Schule kann mit einem Wort beschrieben werden: Verbergen ! Ständig war da die Angst erwischt zu werden, das ich dies und jenes nicht konnte. Diese Schulzeit förderte auch mein Verlangen, mit Verdrängungen und Verbergen gut fertig zu werden. Jedes kindliche Gemüt geht unterschiedlich mit solchen Lebenssituation damit um. So baute ohne Verletzungen ab. Manche Verletzungen waren in meiner kindlichen Seele einfach nicht auszuhalten, zumal diese sich immer wieder wiederholten. Also suchte ich bewusst keine Beziehung mehr. Sie waren schmerzbringend und ich musste solche Gefühle in mir abschaffen. Immer wenn diese Gefühle empor stiegen, sagte ich mir, du brauchst das nicht. Mit den Jahren wurde ich immer besser darin, unterschiedliche Wünsche und Gefühle zu verdrängen. Ja, ich meinte sogar, sie getötet zu haben.

Ich war 12 Jahre alt, als meine Mutter starb. Ich nahm meine Schlittschuhe und ging auf dem Eis den ganzen Tag Schlittschuh laufen. Es war keine Beziehung mehr da. Das einsame Sterben meiner Mutter lud eine Schuld auf uns alle und zerstörte unsere Familie immer mehr. Die Grenzen zueinander waren nun unüberwindlich geworden. Die Altersunterschiede und die Interessen meiner Geschwister waren zu unterschiedlich. Jeder war in der Familie alleine. Keiner hatte das Verlangen für den andern da zu sein. In dieser Zeit fing ich auch das Rauchen an. Ohne Beziehungen zu leben wurde mit den Jahren eine lebenswichtige Eigenschaft von mir.

Zu viel Nähe bereitete mir Unbehagen und eine Befangenheit. Frei fühlte ich mich nur mit genügend Abstand, und achtete auch darauf diesen zu halten. Noch zwei unangenehme Ereignisse in meiner Kindheit formten mein Leben weiter. Das erste war eine sexuelle Nötigung durch einen Erwachsenen. Das zweite war eine wiederholte, strafbare Handlung durch mich und brachte mir schon früh eine Jugendstrafe von 3 Wochen Jugendgefängnis ein.

Das mußte dem Arzt bei seiner Ursachenforschung hier in Bremen genügen. Es gab noch viele Details wie Schulabgang, Beruf, usw. die hier jetzt aber nicht erwähnt werden brauchen. Für einen normalen Lebenswandel war es schon zu spät. Die Drogen spielten bereits eine zu große Rolle für mich und füllten den Leerraum in mir aus. Sie waren schon zu dieser Zeit ein Bestandteil meiner Person geworden. Nach einer Woche ohne eine abschließende Behandlung brach ich die Kur ab. Ich ging wieder nach Lemwerder zurück. Nicht einmal den ersten Tag überstand ich ohne Drogen.

Die Sucht gerät außer Kontrolle
Habbi und Holger führten in unserem Ort die harte Drogenszene an. Wir rückten alle näher zusammen. Noch bezogen wir unseren Stoff von den beiden. Es war auch kein Geheimnis mehr, woher die beiden ihre Drogen außer aus Bremen, noch bezogen. Zu dieser Zeit waren die Apotheken noch nicht gesichert. Da begannen die Apothekeneinbrüche in Niedersachsen (Kreis Brake). In den umliegenden Ortschaften unseres Standpunktes gab es genügend Apotheken mit Giftschränken in denen auch die Opiate-(Opium, Morphium) verschlossen aufbewahrt wurden.

Sie hatten rausbekommen mit welcher Bezeichnung die Schränke versehen waren. Ich hatte wieder eine neue Wohnung in Lemwerder. Hier genossen wir wie gehabt unseren Stoff. Hascher und Fixer waren nicht so richtig unter einen Hut zu bringen. Die Beziehungen wechselten sich. Obwohl ich noch Beides genoss, wurde mit der ein Fixer aus. Immer tiefer drang ich in den Drogenkonsum ein. Die Zeit verging. Durch die Einbrüche, bei denen ich nun auch beteiligt war hatten wir eine Unmenge an hochwertigem Stoff. Es folgte nun eine Zeit üblicher Drogenalltage mit ihren Höhen und Tiefen.

Kurzerlebnisse des Drogenalltages
Eines Tages kam Örnie aus Bremen für eine Zeit zu uns. Er war der Dienstälteste Fixer. Wenn der sich ein Schuss setzte, glich das einem Schlachtfeld. Es waren kaum noch freie Einschussstellen zu finden. Die Arme waren übersäht von Einstichen. Hände, Füße und unter der Zunge überall versuchte er das. Ich wunderte mich, dass man überhaupt so viele Jahre Stoff nehmen konnte. Er war schon ein Jahrzehnt dabei. Einmal ging den Dialern  in Bremen der Stoff aus. Die Drogenjunkies aus Bremen (ihre Vertreter sind die Dealer) kamen zu uns nach Lemwerder die hatten davon Wind bekommen, das wir guten Stoff hatten. Denn es hatte sich herumgesprochen, dass es hier astreinen, sauberen Stoff zu kaufen gibt. Wahrscheinlich dachten sie „warum kaufen, wir wissen wo die wohnen, also nehmen wir ihnen den ganzen Stoff ab“. Irgendwie sind sie ins Haus gekommen und gingen in die erste Etage oben rechts. Nicht lange und es klingelte an der Tür. Grundsätzlich war klingeln immer ein negatives Signal.

Wir schraken auf, Unruhe machte sich schnell breit. Kurz mal an der Türgardine seitlich gelinst, die Typen kannten wir, das bedeutete nichts Gutes. „Was wollt ihr“ fragte Sigi, der mittlerweile auch bei uns wohnte. „Wir wollen Soff kaufen“, dröhnte es vor der Tür. „Wir haben nicht genug, hier gibt es nichts mehr. Ihr könnt wieder gehen“ begegnete Sigi.“ „Wir kommen jetzt rein und holen euren Stoff,“ „Wer die Hand als erstes an die Tür legt, dem schlagen wir sie ab!“ antwortete Sigi, in der Hoffnung, dass sie Angst bekommen, wir hatten auf jedem Fall welche. Zur Unterstützung der Worte hielten wir ein Beil zwischen der Gardine und der Wohnungstür, die in der oberen Hälfte mit einer gelblichen, welligen Scheibe versehen war.

Der Bluff funktionierte sie hauten ab. Es gab Zeiten mit viel Stoff, aber auch Zeiten mit wenig Stoff. Dieses Wechselspiel schlug auch gewaltig auf die Gesundheit. Wenn man überhaupt noch von einer Gesundheit sprechen konnte. Das hin und Her verleitete manchmal auch zu merkwürdigen Entscheidungen. War der Stoff Knapp, verleitete das zu halbherzigen Versuchen, aufzuhören. Ich schmiss die Spritzen in einen Graben und es sollte nun Schluss sein. Was aber ein paar Stunden später dazu führte, mit den Spritzen aus dem Graben, natürlich kurz abgespült, wieder ein Schuss zu setzen. Es konnte auch passieren, wenn wir unterwegs waren und ein Schuss brauchten, das kein Wasser zur Verfügung stand. Dann musste auch Toilettenwasser oben aus dem Spülkasten  reichen.

Einmal waren wir auf Beutezug unterwegs. Habbi hatte einen alten VW. Ich saß hinten und war vom Stoff und Hasch voll getörnt. Langsam schwebte der Wagen von der Straße und nahm Kurs nach oben. Ja tatsächlich fuhr der Wagen mittlerweile über den Bäumen. Ich schaute runter auf die Straße. Die Bäume und die Umgebung waren perspektivisch korrekt aus der Höhe zu betrachten. Das beunruhigte mich aber nicht, das signalisierte mir nur auf einem guten Trip zu sein. Nach einer längeren Zeit, wo auch ich wieder auf der Straße angekommen war, überholte uns doch ein Rad. Das sah vielleicht komisch aus! Wir lachten alle bis wir merkten, dass das unser eigenes Hinterrad war. Dieser Tag war aber noch nicht zu Ende. Wir fanden eine große Apotheke an einer übersichtlichen Straßenkreuzung. Einer blieb im Wagen, zur Schmiere, die anderen stiegen seitlich am Haus durch ein kleines Fenster in die Apo ein.

Wir fanden den besagten Schrank. An deren großen Fronttüren war ein Zettel mit dem Hinweis, „die Alarmanlage sei vorher aus zu schalten“ Das war nun schon sehr ungewöhnlich. Wir glaubten dem Zettel nicht, suchten aber zur Vorsicht nach den besagten Schaltern. So betätigten wir einige, die wir fanden. Es tat sich aber nichts. Der Gift Schrank war sehr groß und versprach reichlich Beute. Also öffneten wir diesen. Die scheinbare Alarmanlage aber blieb aus. Wieder zurück im Auto sagte der Kumpel, „was habt ihr da bloß Gemacht? Die Lichter in der Apotheke gingen aus und an.“ Das mussten wohl die vielen Schalter gewesen sein.
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