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Lebenswelten
Der Start in ein Drogenleben
Es begann in den 70er Jahren. Das waren schon zwei Welten, die sich in den frühen Morgenstunden begegneten. Die eine ging treu und brav zur Arbeit, die andere kam von durchzechter Drogennacht zurück. So trafen wir uns immer morgens an den Weserfähranlagen, die Arbeiter und die Drogensüchtigen. Oft dachte ich, was für ein sinnloses Leben. Die einen arbeiten sich tot und die anderen berauschten sich tot. Was spielt das überhaupt für eine Rolle was man tut, wenn danach doch nichts mehr kommt. Danach sind alle sowieso gleich. Also rausholen, was das Leben hergibt.
Es begann in den 70er Jahren. Das waren schon zwei Welten, die sich in den frühen Morgenstunden begegneten. Die eine ging treu und brav zur Arbeit, die andere kam von durchzechter Drogennacht zurück. So trafen wir uns immer morgens an den Weserfähranlagen, die Arbeiter und die Drogensüchtigen. Oft dachte ich, was für ein sinnloses Leben. Die einen arbeiten sich tot und die anderen berauschten sich tot. Was spielt das überhaupt für eine Rolle was man tut, wenn danach doch nichts mehr kommt. Danach sind alle sowieso gleich. Also rausholen, was das Leben hergibt.
Die Stimmung bei mir war mal wieder nicht gut, denn die Drogenwirkungen ließen nach. Insbesondere nach LSD-Genuss war das zu erwartende Aufwachen schrecklich. Aber da war ja noch ein Vorrat von Haschisch zur Beruhigung. Bloß nicht mit sich alleine sein und wach werden, denn das war nicht auszuhalten. Eigentlich war diese Unruhe schon vor der Drogenzeit in mir. Ich war immer unbefriedigt und leer. Umso älter ich wurde desto ruheloser wurde ich. So brauchte es keiner Überredung mit Haschisch anzufangen. Ja man sollte fast meinen, "wo war das Zeug die ganzen anderen Jahre". Warum kommst du so spät? Ganz genau kann ich mich nicht mehr erinnern, wie der Stoff zu mir kam. Es muß in der Sommerzeit an den Stränden meines Heimatortes in Lemwerder gewesen sein. Auf jeden Fall wurde ich nicht verführt zur Droge, ich war auf einmal dabei und das gefiel mir sehr gut. Ich gewann Freunde. Das ganze "Geheime" darum herum und das Dabei zu sein faszinierte mich. Das gemeinsame sich Berauschen erfüllte mich mit einem Glücksgefühl. Der Stoff war billig und reichlich vorhanden.
Jeden Tag wurde mehrmals Haschisch geraucht. In dieser Zeit bildeten sich Freundschaften. Eben Gleichgesinnte mit denen ich gut auf Droge sein konnte. Das ging mir mit einem besser und mit dem anderen schlechter. Der tiefe Konsum, die lange genüssliche Zeit macht auch schon bei Haschisch völlig abhängig. Auf der anderen Seite vollzog sich in mir parallel dazu der Nachteil von Rauschgenuss: Je länger und tiefer ich im Rausch war, umso elender wurde das Wachwerden. Die Abstände von Rausch und Wach wurden immer kürzer. Die Spannungen dieser Gegensätze sind wie heiß und kalt. Wobei die kalte Phase immer unerträglicher wurde was besonders bei LSD der Fall war. Das durcheinander dieser Drogen machte auch meine Nerven kaputt.
Konsum
In dieser erwartenden Begierde erreichte ich schnell einen hohen Drogenpegel, der immer schön gesättigt sein musste. Unterdosierungen waren nicht gestattet. Der Bekanntenkreis von Drogengenossen in unserem kleinen Lemwerder wurde immer größer. Drogenexzesse nahmen immer mehr zu. In der Sommerzeit wurden unsere Treffen an einen schönen Strand verlegt. Da blieben wir auch gleich den ganzen Sommer über. Schliefen in Zelten, gingen in Diskotheken, ein Leben fern aller Verantwortung. High life in allen Gassen.
Ich bekam eine kleine Wohnung hier in Lemwerder. Einmal waren wir in meiner Bude versammelt und zückten gleich den Stoff. Heute gab es roten und schwarzen Schimmelafgan. Einer der stärksten Sorten überhaupt. Dagegen war der grüne Türke Kinderkram. Es wurde kräftig gezogen und lange inhaliert. Ich zog den Rauch tief in die Lunge und beließ in dort eine möglichst lange Zeit. Je tiefer und länger desto besser. Immer wieder machte der Stoff die Runde. Es war ein super Rausch. Aber irgendwann ist der Körber gesättigt.
Man kann dann so viel man will nachschmeißen, der Höhepunkt ist einfach vorbei und der Stoff bringt keine besseren Ergebnisse mehr. Und so kamen wir langsam alle wieder zurück auf den Teppich. Die Schattenseiten der Drogen hatten nun ihren Auftritt. Scholli, ein Mitgenosse, war immer noch nicht aus seinem Drogenrausch zurück. "Der hat wohl einen super Rutsch gemacht", ertönte es aus der Ecke. Die Zeit verging und Scholli war immer noch drauf. Jetzt hätte er schon zurück sein müssen.
So langsam kippte die Stimmung in Unbehagen. Das sah irgendwie nicht gut aus. Das Ergebnis war, dass Scholli jahrelang nicht mehr aus seinem Rauscherlebnis zurückkam. Lange Krankenhausaufenthalte, psychische Behandlungen folgten und zu guter Letzt war er nur noch ein Teil seiner selbst. Aber hat uns das aufgehalten? Nein, der hatte es aus unserer damaligen Sicht doch gut! Brauchte er doch kein Stoff mehr und war immer schön drauf!
Hierarchie und machtbestrebungen
Wie lange und wie viel Haschisch man auch zu sich nahm, die Rangordnung innerhalb der Drogenszene war folgender maßen aufgestellt. Auf der untersten Stufe waren die Tablettenkonsumenten, danach die Hascher, danach die neben Haschisch auch LSD-Erfahrungen hatten. Die Spitze aber bildeten die Drogenjunkies und Fixer.
Wie lange und wie viel Haschisch man auch zu sich nahm, die Rangordnung innerhalb der Drogenszene war folgender maßen aufgestellt. Auf der untersten Stufe waren die Tablettenkonsumenten, danach die Hascher, danach die neben Haschisch auch LSD-Erfahrungen hatten. Die Spitze aber bildeten die Drogenjunkies und Fixer.
Daraus ergaben sich zwei Gruppen in Lemwerder. Die „Noch“ Hascher und die „Schon“ Drogenjunkies. Beide waren nicht unter einen Hut zu bekommen. Man konnte nicht mitreden. Es schien auch so, dass die Nacht den Drogenjunkies gehörte und der Rest des Tages für die Hascher da war. Zwei hochgewachsene Typen mit langen Haaren, die bis weit über den Schultern hingen, sah ich öfters gegen Abend in Richtung Weser gehen. Ich hatte schon mitbekommen, dass ihr Ziel immer Bremen war und ich wusste auch „das waren Drogenjunkies".
Von Haschisch und LSD zu harten Sachen
Mittlerweile waren schon anderthalb Jahre ins Land gegangen. In dieser Zeit hatte ich einmal meinen Aufenthaltsort von Lemwerder nach Bremen-Lesum und wieder zurück gewechselt. Ansonsten war der Rhythmus immer noch der gleiche: Hasch und LSD. Eines Tages kam einer von den beiden Langhaarigen unsere Straße entlang. Einer von den beiden hieß Habbi.
Mittlerweile waren schon anderthalb Jahre ins Land gegangen. In dieser Zeit hatte ich einmal meinen Aufenthaltsort von Lemwerder nach Bremen-Lesum und wieder zurück gewechselt. Ansonsten war der Rhythmus immer noch der gleiche: Hasch und LSD. Eines Tages kam einer von den beiden Langhaarigen unsere Straße entlang. Einer von den beiden hieß Habbi.
Schnell war das Thema bei den Drogen. Wie ist das so mit einem Schuss? Kann ich mal einen probieren? Hast du was da? „Ja, Morphium“, sagte er "aber zu Anfangs gibt es erst mal nur einen kleinen Schuss". Wir gingen in einen Hausflur und er setzte mir den ersten Schuss. "Wo hast du das her", fragte ich. "Dieser Stoff ist aus Bremen, ich habe da meine Leute" erwiderte er. Sobald er alles reingedrückt hatte war auch prompt die Wirkung da. Nun war ich auf der Spritze. Ist einmal der erste Schuss gesetzt sofort fallen alle anderen Hürden. Ich erfuhr viele Neuigkeiten über das Handhaben und Besorgen von harten Drogen.
Ich lernte Dealer und viele Süchtige kennen. Davon waren Habbi, Holger und zuletzt auch Sigi aus unserem Ort. Schon nachkurzer Zeit stellte sich eine Routine in den Sorten, deren Handhabung und dem Spritzen ein. Einige mussten in einem Löffel gekocht werden. Andere wurden nur in Wasser aufgelöst. Manche wurden so verabreicht. Im großem und ganzem waren die Wirkungen der verschiedenen Edelstoffe gleich. Es gab aber auch welche die waren ganz anders. Mit viel mehr Aufwand, wie in einer Zeremonie, wurden diese gesetzt. Allmählich ersetzten die Drogenjunkies den Freundschaftskreis der alten Hascher. Aber auf Haschisch konnte und wollte ich dennoch nicht verzichten. So blieben mir noch einige Freunde aus den alten Kreisen, mit denen ich sehr gute Rauscherfahrungen gemacht hatte.